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Berliner Zeitung:
Justizskandal in Berlin im Verfahren gegen Elon Musks Plattform X: Wie befangen dürfen Richter sein?
(Berliner Zeitung)
Unsere Autorin erklärt, warum beim Rechtsstreit zwischen der Democracy Reporting International und X die Rede von einem Justizskandal sein darf.

Clivia von Dewitz

(…)
Zweifel an der Dringlichkeit
Hier ist allerdings noch zu berücksichtigen, dass das Forschungsprojekt, wie sich aus dem Antrag ergibt, bereits 2023 von der DRI initiiert worden war. Schon am 17. April 2024 hatten die Antragsteller ihren ersten Antrag auf Zugang zu Daten bei der Antragsgegnerin gestellt. Am 28. November 2024 erklärte die Antragsgegnerin, X, dass sie keinen Zugang gewähren werde. Einen erneuten Antrag auf Zugang zu Daten, dieses Mal auf die Erforschung der Bundestagswahl beschränkt, stellten die Antragsteller erst am 22. Januar 2025, also längere Zeit, nachdem das Datum für die Bundestagswahl festgelegt worden war. Dies lässt zumindest Zweifel an der Dringlichkeit aufkommen.

Brisant ist in diesem Zusammenhang auch die Finanzierung der klagenden NGOs: Eine Bundestagsanfrage hat ergeben, dass Democracy Reporting International (DRI) von 2016 bis 2024 etwa 22,7 Millionen Euro aus dem Entwicklungshilfeministerium und dem Auswärtigen Amt erhalten hat. Die Gesellschaft für Freiheitsrecht (GFF) wird vor allem durch die Open Society Foundation des Milliardärs George Soros finanziert. Ob es den klagenden NGOs wirklich um Wahrung der Grundrechte und „der Demokratie“ geht, darf vor diesem Hintergrund zumindest mit einem Fragezeichen versehen werden.

Der Richter könnte entlassen werden
Was sind rechtlich die möglichen Konsequenzen dieser Nichtanzeige der Befangenheit und fehlenden Anhörung der Gegenseite?

In der Sache: Die von einem befangenen Richter getroffenen Entscheidungen bleiben zunächst einmal wirksam. Es wird sich zeigen, wie auf den von X eingelegten Widerspruch nach der anberaumten mündlichen Verhandlung durch andere Richter entschieden wird.
Für den Richter: Da es sich hier um einen Richter auf Probe handelt, könnte dieser entlassen werden. Die Anforderungen hierfür hängen von der abgeleisteten Dienstzeit ab. Dabei kann die Entlassung auf der fehlenden fachlichen oder charakterlichen Eignung beruhen, wobei die Beurteilung durch den Dienstherrn einem weiten, faktisch nicht gerichtlich überprüfbaren Spielraum unterliegt. Je früher ein Richter auf Probe entlassen wird, desto geringer sind die Begründungsanforderungen.
In diesem Fall dürfte es davon abhängen, wie offensichtlich die Besorgnis der Befangenheit tatsächlich war und wie schwer insoweit die Nichtanzeige nach § 48 ZPO wiegt. Die GFF ist nicht einer der Antragsteller, sondern nur ein die Antragsteller unterstützender Verein. Allerdings haben die Anwälte der Antragsteller den Antrag der DRI auch im Auftrag der GFF erarbeitet. Die Anwälte mussten ihm aus seiner Referendarstation bekannt gewesen sein, ebenso diese strategische Prozessführung.
Wie sich dem Beschluss des Landgerichts Berlin bezüglich der Ablehnungsentscheidung entnehmen lässt, hat er darüber hinaus einige Posts der GFF bei LinkedIn „im Nachgang zu seiner Tätigkeit bei der GFF“ ausdrücklich „gelikt“. So sei der „Eindruck nicht auszuschließen, dass sich ggf. der Richter mit den Zielen der GFF identifiziert haben könnte und damit den im hiesigen Verfahren geltend gemachten Ansprüchen nicht unvoreingenommen gegenüberstehen könnte“. In Fällen, in denen die Besorgnis der Befangenheit nicht offen zu Tage tritt, etwa weil wie hier die GFF nicht Partei des Rechtsstreits ist, dürfte den Richter eine besondere Offenbarungspflicht treffen, um die Unabhängigkeit der Justiz zu gewährleisten. Fehlt es an einer solchen Selbstanzeige, liegt eine fehlende Eignung doch recht nahe.
(…)
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Justizskandal in Berlin im Verfahren gegen Elon Musks Plattform X: Wie befangen dürfen Richter sein?
(Berliner Zeitung)
Unsere Autorin erklärt, warum beim Rechtsstreit zwischen der Democracy Reporting International und X die Rede von einem Justizskandal sein darf.

Clivia von Dewitz

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Zweifel an der Dringlichkeit
Hier ist allerdings noch zu berücksichtigen, dass das Forschungsprojekt, wie sich aus dem Antrag ergibt, bereits 2023 von der DRI initiiert worden war. Schon am 17. April 2024 hatten die Antragsteller ihren ersten Antrag auf Zugang zu Daten bei der Antragsgegnerin gestellt. Am 28. November 2024 erklärte die Antragsgegnerin, X, dass sie keinen Zugang gewähren werde. Einen erneuten Antrag auf Zugang zu Daten, dieses Mal auf die Erforschung der Bundestagswahl beschränkt, stellten die Antragsteller erst am 22. Januar 2025, also längere Zeit, nachdem das Datum für die Bundestagswahl festgelegt worden war. Dies lässt zumindest Zweifel an der Dringlichkeit aufkommen.

Brisant ist in diesem Zusammenhang auch die Finanzierung der klagenden NGOs: Eine Bundestagsanfrage hat ergeben, dass Democracy Reporting International (DRI) von 2016 bis 2024 etwa 22,7 Millionen Euro aus dem Entwicklungshilfeministerium und dem Auswärtigen Amt erhalten hat. Die Gesellschaft für Freiheitsrecht (GFF) wird vor allem durch die Open Society Foundation des Milliardärs George Soros finanziert. Ob es den klagenden NGOs wirklich um Wahrung der Grundrechte und „der Demokratie“ geht, darf vor diesem Hintergrund zumindest mit einem Fragezeichen versehen werden.

Der Richter könnte entlassen werden
Was sind rechtlich die möglichen Konsequenzen dieser Nichtanzeige der Befangenheit und fehlenden Anhörung der Gegenseite?

In der Sache: Die von einem befangenen Richter getroffenen Entscheidungen bleiben zunächst einmal wirksam. Es wird sich zeigen, wie auf den von X eingelegten Widerspruch nach der anberaumten mündlichen Verhandlung durch andere Richter entschieden wird.
Für den Richter: Da es sich hier um einen Richter auf Probe handelt, könnte dieser entlassen werden. Die Anforderungen hierfür hängen von der abgeleisteten Dienstzeit ab. Dabei kann die Entlassung auf der fehlenden fachlichen oder charakterlichen Eignung beruhen, wobei die Beurteilung durch den Dienstherrn einem weiten, faktisch nicht gerichtlich überprüfbaren Spielraum unterliegt. Je früher ein Richter auf Probe entlassen wird, desto geringer sind die Begründungsanforderungen.
In diesem Fall dürfte es davon abhängen, wie offensichtlich die Besorgnis der Befangenheit tatsächlich war und wie schwer insoweit die Nichtanzeige nach § 48 ZPO wiegt. Die GFF ist nicht einer der Antragsteller, sondern nur ein die Antragsteller unterstützender Verein. Allerdings haben die Anwälte der Antragsteller den Antrag der DRI auch im Auftrag der GFF erarbeitet. Die Anwälte mussten ihm aus seiner Referendarstation bekannt gewesen sein, ebenso diese strategische Prozessführung.
Wie sich dem Beschluss des Landgerichts Berlin bezüglich der Ablehnungsentscheidung entnehmen lässt, hat er darüber hinaus einige Posts der GFF bei LinkedIn „im Nachgang zu seiner Tätigkeit bei der GFF“ ausdrücklich „gelikt“. So sei der „Eindruck nicht auszuschließen, dass sich ggf. der Richter mit den Zielen der GFF identifiziert haben könnte und damit den im hiesigen Verfahren geltend gemachten Ansprüchen nicht unvoreingenommen gegenüberstehen könnte“. In Fällen, in denen die Besorgnis der Befangenheit nicht offen zu Tage tritt, etwa weil wie hier die GFF nicht Partei des Rechtsstreits ist, dürfte den Richter eine besondere Offenbarungspflicht treffen, um die Unabhängigkeit der Justiz zu gewährleisten. Fehlt es an einer solchen Selbstanzeige, liegt eine fehlende Eignung doch recht nahe.
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At its heart, Telegram is little more than a messaging app like WhatsApp or Signal. But it also offers open channels that enable a single user, or a group of users, to communicate with large numbers in a method similar to a Twitter account. This has proven to be both a blessing and a curse for Telegram and its users, since these channels can be used for both good and ill. Right now, as Wired reports, the app is a key way for Ukrainians to receive updates from the government during the invasion. "The inflation fire was already hot and now with war-driven inflation added to the mix, it will grow even hotter, setting off a scramble by the world’s central banks to pull back their stimulus earlier than expected," Chris Rupkey, chief economist at FWDBONDS, wrote in an email. "A spike in inflation rates has preceded economic recessions historically and this time prices have soared to levels that once again pose a threat to growth." Crude oil prices edged higher after tumbling on Thursday, when U.S. West Texas intermediate slid back below $110 per barrel after topping as much as $130 a barrel in recent sessions. Still, gas prices at the pump rose to fresh highs. 'Wild West' "For Telegram, accountability has always been a problem, which is why it was so popular even before the full-scale war with far-right extremists and terrorists from all over the world," she told AFP from her safe house outside the Ukrainian capital.
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